ALFA-Bot
Institut für Gesellschaft und Digitales (GUD) der FH Münster
6,2 Millionen Menschen in Deutschland haben eine Lese- und Schreibschwäche, so die LEO-Studie aus dem Jahr 2018. Den Betroffenen, etwa jeder/jedem achten Erwachsenen, fällt es aufgrund ihrer geringen Literalität sehr schwer, am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilzunehmen, ihren Alltag zu bewältigen und einen Platz in der Arbeitswelt zu finden. Seit Jahren gibt es Bemühungen, die früher als Analphabeten bezeichneten Menschen besser zu fördern, doch der weit überwiegende Teil dieser Bevölkerungsgruppe ist mit den bisherigen Ansätzen nicht erreichbar. Weniger als 1% der Menschen aus den Alpha-Levels 1–3 nimmt zum Beispiel klassische Kursangebote wahr. Zur Ansprache dieser häufig übersehenen Zielgruppe ohne Lobby sind neue Wege erforderlich. Durch leistungsfähige Technologien und gereiftes linguistisches Verständnis für die Merkmale einer natürlichen Anmutung können Chatbots heute auf Internetseiten und in Smartphone-Apps in erstaunlicher Qualität als virtuelle persönliche Dialogpartner agieren. Als massentaugliche Plattform lassen sich derartige Chatbots allerdings erst seit Kurzem realisieren. Folglich existieren hierzu kaum wissenschaftliche Erkenntnisse, insbesondere nicht für den Anwendungsfall des funktionalen Analphabetismus.
Unsere Motivation war es, durch eine Chatbot-App die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit geringer Literalität zu stärken. Oftmals verbergen Analphabeten ihr Defizit aus Scham. Mit einem Chatbot können sie ohne Angst vor Stigmatisierung in den Dialog treten. So ist die App „Lalo“ (griechisch für „die Gesprächige“) entstanden, die Menschen mit geringer Literalität konkret, lebensnah und zielgruppengerecht geholfen hat, an der Bundestagswahl 2021 teilzunehmen (was sonst, ohne Lese- und Schreibvermögen, quasi unmöglich ist), und die es gering Literalisierten ermöglichen wird, sich kritisch über die Fußball-WM 2022 in Katar zu informieren.